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Luecken in der Innenstadt

12. September 2014

via NW-News.de (Neue Westfaelische Zeitung):

(…) In Gütersloh seien aber auch die Discounter Schuld daran, dass weniger Kunden in der Innenstadt kaufen. (…) "Wer unter dem linken Arm ein Zalando- und unter dem rechten ein Amazon-Paket trägt, sollte nicht über Leerstände klagen." Anstatt neue DHL-Abholboxen in Gütersloh aufzustellen, sollten Stadt und Bürger heimische Händler unterstützen. (…) "Bürger möchten immer das inhabergeführte Fachgeschäft in der Seitenstraße haben" (…) "Sie lassen sich dort auch beraten, aber für große Umsätze sorgen sie dann lieber im Internet." (…)"

So. Hier wird also die boese Internet-Keule geschwungen und der Kunde/Kaeufer/Konsument fuer viele Leerstaende in der hiesigen Innenstadt zumindest mitverantwortlich gemacht. In Einzelfaellen mag das ja auch stimmen, aber grundsaetzlich haben die Innenstadtbereiche heutzutage viele hausgemachte Probleme, die den Kunden/Kaeufern/Konsumenten wiederum Probleme bereiten.

Kuerzlich erkundigte ich mich in zwei hiesigen Fachgeschaeften nach einem neuen Satz Druckerpatronen fuer einen 12 Jahre alten Drucker, der immernoch guten Dienst verrichtet. Die mir genannten Preise waren im Vergleich zum eBay-Onlinehaendler mehr als doppelt so hoch. Unterstuetzung der heimischen Wirtschaft? Gerne. Aber nicht zu jedem Preis.

Anderes Beispiel: Ein HiFi-Video-Fachhaendler aus Guetersloh. Hier bin ich schon seit Jahrzehnten Kunde, wurde immer gut bedient und habe die Artikel zu durchaus konkurrenzfaehigen Preisen bekommen, ohne zu handeln. Wenn hier der Flachfernseher 50 Euro mehr kostet als im Blödmarkt, dann wird natuerlich trotzdem beim Einzelhaendler gekauft – es hat sich bisher immer gelohnt. Also – geht doch!

Leider werden die Innenstaedte immer unattraktiver. Handylaeden, Backshops, Wettbueros, Mode-"Stores". Dazwischen wenig bis gar nichts, ausser den immergleichen Ketten, die mittlerweile in fast jeder Stadt Filialen betreiben. Das Individuelle stirbt aus, Innenstadtbereiche mutieren zu einheitlichen Konstrukten.

In Guetersloh herrscht zudem eine absolute Geilheit auf Parkgebuehren. Zwar gibt es lobenswerterweise mittlerweile einige Parkautomaten mit einer sogenannten "Broetchentaste", aber kostenfreie Parkplaetze gibt es ansonsten kaum und somit gehen viele Euros, die in Summe die Versandkosten der bequem nachhause gelieferten Online-Pakete uebersteigen, im Grunde genommen "fuer nichts" drauf. Findet man einen Parkplatz, ist die naechste Politesse nicht weit und wehe, man muss erst Geld wechseln, um ein Parkticket ziehen zu koennen… All das fuehrt zu Verdruss, es verscheucht viele Laeden auf die "gruene Wiese", wo die Kunden zumindest ordentlich parken koennen. Die Online-Kundschaft fuehlt sich bestaetigt, dass die Kombination aus Amazon-Mausklick und DHL-Paketdienst innerhalb von 24 Stunden eine stressfreie Alternative darstellt. Voellig zurecht!

Im nahegelegenen Buende geht man andere Wege. Es gibt grossflaechige, bequem zu erreichende, kostenfreie Parkplaetze in direkter Naehe der Fussgaengerzone. Man geht durch ein kleines "Pättken" und ist schon mitten in der Fussgaengerzone mit ihren kleinen und grossen Geschaeften. SO lockt man Kunden in die Innenstaedte…

Doch ein begrenztes Warenangebot aufgrund der mangelnden Geschaeftsvielfalt in den Innenstaedten ist eine zusaetzliche Huerde. Weiss ich denn, ob ich die gewuenschte CD oder das gewuenschte Buch in der "Mayerschen" auch tatsaechlich bekomme? Wenn diese es erst bestellen muss, kann ich es auch direkt und bequem daheim bestellen und mir einen zweiten Abholweg sparen. Es besteht also kein Anreiz, wegen solcher Artikel gezielt in die Innenstadt zu fahren.

Hinzu kommt, dass die Zahl der gastwirtschaftlichen Betriebe auch immer mehr schrumpft. Haetten hier gewisse Immobilienbesitzer frueher mal besser ueber die Hoehe der verlangten Mieten nachgedacht, waeren das "Scheck-In" und andere Lokalitaeten, die mittlerweile verschwunden sind, eventuell noch vorhanden und wuerden zum Verweilen in der Innenstadt einladen.

Die Online-Kaeufer generell zu verteufeln, ist der falsche Weg und anscheinend eine beliebte Ausrede fuer Verfehlungen, die schon vor dem eigentlichen Online-Boom eingeleitet wurden. Das digitale Leben hat seine Reize, nur kann es das analoge Leben nicht ersetzen, allerhoechstens ergaenzen. Liebe Einzelhaendler, ihr seid gut beraten, Eure Online-Praesenzen aktuell und interaktiv zu halten, denn, wenn zuvor zuhause nachgeschaut werden kann, ob das gewuenschte Objekt auch verfuegbar ist, dann lohnt auch der Weg in die Innenstadt. Bei gutem Wetter mit dem Fahrrad und auf ein Eis oder einen Kaffee ausgedehnt…

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