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Wegelagerei 2.0

28. Mai 2009

Es gibt Tage, an denen man am besten erst gar nicht die Morgenzeitung aufschlaegt, weil einem sonst wieder die imaginaere Hutschnur hochgehen koennte. In diesem Fall war das gar nicht noetig, denn diese Meldung stand sogar auf der Titelseite der gestrigen Ausgabe der Lokalzeitung "Neue Westfaelische".
Das Thema "GEZ" ist natuerlich schon oft auch auf dieser Seite erwaehnt und diskutiert worden, aber anlaesslich einer solchen, knappen Meldung stellen sie sich einmal mehr, diese Fragen…
Nichts gegen die Programme an sich, aber es geht um’s Prinzip:
Woher nehmen sich der WDR & Co. via GEZ das "Recht", Wegezoll auf der Datenbahn zu erheben, auch wenn das Angebot nicht genutzt wird? Muessten wir denn dann nicht auch Gebuehren z.B. fuer die Fehmarnsundbruecke bezahlen, "nur weil sie da ist" und wir rein theoretisch jederzeit drueberfahren koennten?

Die Aufgaben der GEZ gehoeren neu definiert. Einen Computer als "neuartiges Rundfunksempfangsgeraet" zu bezeichnen, ist von der Sache her zwar nachvollziehbar, trifft aber nicht das reale Nutzungsverhalten. Zumindest nicht immer. Im Zeitalter der digitalen Verbreitung multimedialer Inhalte ist es auch einfach, den Konsum dieser zu erfassen, zu zaehlen und zu berechnen. Datenschutz hin oder her…

Verschluesselt einfach alles (!) und gebt den Leuten eine "Speisekarte", aus der sie sich ihre Wunschprogramme zusammensuchen koennen. Daraus wird dann eine jeweilige Nutzungs(!)gebuehr berechnet, die dann am Ende des Monats zu entrichten ist.
Wer eine Fernsehflatrate haben und sich die Augen wundgucken moechte… bitteschoen!

Viele werden jetzt argumentieren, dass Minderheitenprogramme dann nicht mehr realisiert werden koennten, weil keine relevante Zielgruppe bzw. Mehrheit sie bestellt bzw. sehen moechte. Okay, das mag sein. An dieser Stelle koennten die Verantwortlichen aus Politik und Medien z.B. eine Art "Fortbestandspflicht" eines (!) landesweiten, ueberall empfangbaren TV-Programms beschliessen, welches die besagten Inhalte 24/7 bietet und welches dafuer voellig ausreichen wuerde. Das wuerde dem Individuum aber keinen monatlichen, zweistelligen Eurobetrag abverlangen. Ca. 4 Radiosender und 3+x Fernsehsender pro ARD-Sendeanstalt waeren dafuer naemlich kaum noetig…

Der Begriff der "Grundversorgung" ist schon lange ad absurdum gefuehrt. Die Leute suchen sich ihre Inhalte mittlerweile selbst heraus und sie fahren dabei auf der Datenautobahn sehr haeufig an den oeffentlich-rechtlichen Ausfahrten vorbei. Diese Pauschalisierung à la "man koennte ja jederzeit…" ist tiefstes Steinzeitdenken und wird der Gegenwart nicht gerecht.

Warum hatte das PayTV in diesem Land bisher kaum eine Chance? Ganz klar: Weil die Leute immer die GEZ-Gebuehren im Hinterkopf hatten und haben, die monatlich zu den etwaigen (Premiere?-)Gebuehren hinzu kaemen. Somit landet man rein rechnerisch ganz schnell bei ca. 50 Euro im Monat und das ist fuer die allermeisten Haushalte zuviel fuer’s Fernsehen…

Die Zukunft liegt auch nicht mehr in der Verbreitung von Vollprogrammen, sondern von in jeder Hinsicht gezielten Einzelproduktionen, die zeitlich- und formatunabhaengig abrufbar sind. Pro7 und andere Sender machen es auf ihren internetten Videoportalen doch jetzt schon eindrucksvoll vor. Daher ist es in Bezug auf die oeffentlich-rechtlichen Anstalten auch nicht gerecht, wenn diese in ihren Onlineaktivitaeten beschnitten werden. Sollen sie im Internet doch machen, was sie wollen, solange dies nicht mit Zwangsgebuehren finanziert werden muss.

Wenn oeffentlich-rechtliche Extra-Online-Angebote dennoch geschaltet werden sollen, dann aber bitte mit (ggf. kostenpflichtiger) Registrierung und Login-Seite, damit der "normale" Internetnutzer, der das nicht bestellt hat, auch nicht dafuer bezahlen muss…

Wie gesagt, nichts gegen den WDR & Co., sie produzieren wirklich gute, sehens- und hoerenswerte Inhalte und sollen dafuer auch entlohnt werden. An dieser Stelle waere ein "Pay Per View"-Verfahren ein guter, weil nachvollziehbarer und gerechter Ansatz…

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