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Es hat sich "ausgeroehrt"…

16. Juli 2009

Schnaeppchenjaeger duerften bald wieder auf den Plan kommen, denn der Ausverkauf hat schon laengst begonnen. Fernseher mit Roehrentechnologie werden aus dem Haendlersortiment entfernt, denn "nur noch 64.000 Geräte wurden im ersten Quartal 2009 verkauft. Stattdessen wird mit technisch immer anspruchsvolleren LCD- und Plasma-Geräten sehr viel Geld verdient"
(Quelle: Lesenswerter Artikel samt sehenswerter Bildstrecke bei Sueddeutsche.de)

Ueber Jahrzehnte war die "Glotze" der Mittelpunkt in den allermeisten Wohnzimmern. Generationenuebergreifend wurde sich davor versammelt. Tagesschau, Dallas, Derrick, Der grosse Preis, Ein Heim fuer Tiere, Knight Rider, Lindenstrasse, Tutti Frutti, Der goldene Schuss, Wetten, dass…, Sesamstrasse, GZSZ, DSDS, UWWIN (= "und was weiss ich noch" :)). Sendungen, die Assoziationen hervorrufen, egal ob gut oder schlecht. Titel, die Emotionen wecken und oftmals auch ein bestimmtes Geraet und/oder einen bestimmten (Fernseh-) Raum bildlich vor dem geistigen Auge wiederauferstehen lassen…

Ein orangefarbener 36-cm-Fernseher des Typs "Nordmende Palcolor", mit Stabantennen fuer VHF-Empfang und Rundantenne fuer UHF-Empfang. Er stand im Schlafzimmer der Eltern und war die Ausweichstelle zum "Formel Eins"-gucken. Nein, nicht Schumi’s oder Vettel’s Ehrenrunden, sondern die alte Musiksendung mit Ingolf Lueck oder Stefanie Tuecking. Das wollten die Eltern naemlich nicht sehen und welcher Teenager hatte frueher denn schon einen eigenen Fernseher?
Von wegen PC mit Fernsehkarte oder YouTube-Streams…

Irgendwann bekam man mal einen damals schon steinalten Schwarz-Weiss-Fernseher geschenkt. Tragbar. Er funktionierte, musste aber andauernd nachjustiert werden. Das erste Programm war damit gut zu empfangen, das Zweite und besonders das Dritte gingen nur mit einigen Tricks. Trotzdem: Es war der erste, eigene Fernseher und der wanderte wohin? Ganz klar – mitten in das Buecher- und Cassettenregal…

Ein paar Jahre spaeter wurde der eben erwaehnte, orangefarbene Nordmende-Palcolor aus dem elterlichen Schlafzimmer verbannt und ersetzte daraufhin den alten schwarz-weiss-Fernseher vom Filius. Die Freude waehrte nur kurz. Ich werde den Dialog nie vergessen. Ein Kumpel war zu Besuch, der Fernseher lief nebenbei mit, aber irgendwie war alles langweilig. Er sagte: "Das waere doch was, wenn der jetzt explodieren wuerde…". Zwei Minuten spaeter machte es "Pitsch", gefolgt von einem "Pffffft…." und der kleine Kasten war Geschichte…

Solche und aehnliche Geschichten werden sicherlich viele Menschen erzaehlen koennen. Doch diese Generation stirbt aus bzw. veraendert sich. Heutzutage ist der mittlerweile sehr duenn gewordene (Flachbild-) Fernseher beiweitem nicht mehr der Mittelpunkt einer modernen Wohnstube. Oftmals steht er auf einem Rollwagen irgendwo an der Seite und wird bei Bedarf dorthin gezogen, wo er benutzt wird. Die Kiddies schauen ihre Serien mittlerweile lieber nebenbei am Computer und haben zusaetzlich diverse Chatfenster geoeffnet. Das fernsehende Publikum sitzt oftmals nicht mehr geschlossen vor der Kiste, sondern konsumiert die Inhalte individuell, zeitlich unabhaengig und dezentralisiert.

Schoene, neue Medienwelt? Reizvoll – sicher. Praktisch – auch. Familiaer – nicht mehr unbedingt.

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