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Vollplaybacktheater

13. Mai 2012

"Die Drei ???" sind Kult – und das schon seit Generationen. Ich erinnere mich an den quietschgelben, metallischen "Europa"-Cassettenstaender, der in den 80ern mitten in der Guetersloher Fussgaengerzone vor einem Fotofachgeschaeft stand und die neuesten Produkte des beruehmten Hoerspiel-Labels anbot. "TKKG", "Burg Schreckenstein", "Die Funk-Fuechse", "Commander Perkins"… – und natuerlich die Abenteuer von Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews – anfaenglich im Auftrag von Mr. Alfred Hitchcock hoechstpersoenlich…

"Der seltsame Wecker", "Der Karpatenhund", "Der Super-Papagei"… all das waren (und sind!) bekannte Hoerspieltitel der "Drei Fragezeichen"-Hoerspielreihe. Die ersten Folgen entstanden, als die Sprecher der drei Hauptakteure -allen voran Oliver Rohrbeck als Justus- noch vor dem Stimmbruch waren. Mittlerweile wurden diese Folgen zwar noch einmal neu eingesprochen, doch es freute den Schreiber dieser Zeilen am Samstagabend, den 12.5.2012, ganz besonders, dass die Ur-Aufnahme der "???"-Folge Nr.4 ("Die drei Fragezeichen und die schwarze Katze") fuer eine der mittlerweile sehr beliebten Auffuehrungen des Vollplaybacktheaters Pate stand.

Im "X" im Herford gastierte eben dieses und sorgte fuer grossen Spass, trotz der Tatsache, dass es zuwenig Sitzplaetze gab und irgendwelche, mit Goldkettchen behangene Mitarbeiter (die, um es vorsichtig auszudruecken, einem gewissen Klischee entsprachen…) die Herausgabe von sichtbar vorhandenen, leeren Getraenkekisten als zusaetzliche Sitzmoeglichkeiten verweigerten. Sehr aergerlich, zumal spaeter am Abend zumindest eine wohlbeleibte Dame und ein anscheinend dem Haus verbundener Herr direkt neben uns (die wir stehen mussten) doch noch in eben diesen "Genuss" kamen. Nun denn.

Was sich dort auf der Buehne abspielte, war witzig, gekonnt und mit Liebe zum Detail umgesetzt. Sequenzen aus dem originalen Europa-Hoerspiel (noch mit Peter Pasetti’s Erzaehlstimme) wurden mit vielen Tonsequenzen vermischt, die sowohl aus weiteren ???-Hoerspielen, als auch aus anderen, bekannten Hoerspielserien, Filmen und Musikstuecken stammten.

Dies alles so zusammenzuschneiden, muss einen Heidenspass gemacht haben und dieser Job waere ganz eindeutig was fuer mich gewesen… :-)

Die eigentliche Rahmenhandlung des Hoerspiels an sich ist hierbei gar nicht so wichtig – nein, im Gegenteil, sie wird oftmals doch ins Abstruse gekehrt, wobei ihre manchmal ohnehin vorhande Abstrusitaet entlarvt wird (=> "… er hatte sich die Katze ans Bein gebunden…").

Dieser letztendliche "Mashup" aus ??? – Hoerspielsequenzen und gekonnt-treffend eingeflochtenen Filmzitaten (z.B. aus "Batman", "Terminator", "Spaceballs" usw.) sowie die Reminiszens an andere, auch als Hoerspiel erschienenene Produktionen wie "Timm Thaler" und/oder auch "TKKG" (!), stellten erhoehte Ansprueche an das retro-orientierte Erinnerungsvermoegen der Zusehenden – die dieses absolut begruessten und mit dankbarem Applaus quittierten.

Die Buehnenauffuehrung beinhaltete zudem stimmig-eingeflochtene Videosequenzen, die quasi mit dem live-gespielten Buehnengeschehen interagierten, wobei das Ganze vor Witz nur so spruehte und mit Seitenhieben gespickt war, die sich auch auf aktuelle, teilweise politische Ereignisse bezogen. Das Konterfei des Herrn Putin wurde beispielsweise aeusserst "passend" eingeflochten…

Die Schauspieler machten -getreu dem Namen ihres Ensembles- Vollplayback, wobei sie auf wirklich jede einzelne Nuance des abgespielten Tonmaterials exakt reagierten. Selbiges setzten sie nicht einfach nur um – sie interpretierten es neu und zogen es oftmals ins Laecherliche, ohne den Respekt davor zu verlieren. Allein das ist schon eine Kunst fuer sich, doch manche akustisch dargebrachten Szenen lassen sich nunmal bildlich anders ausdeuten – genau DAS beherrscht das "Vollplaybacktheater" exzellent und sorgt dadurch fuer Spass auf allerhoechstem Niveau, selbst dann, wenn eine Toilette im Spiel ist…

Jedem, der wohlige Erinnerungen an die eigene, von Hoerspielen begleitete Jugend hegt, sei dieses Projekt empfohlen. Der Wiedererkennungswert ist hoch, das Einbringen des Materials in den aktuellen, zeitlichen Kontext ist gelungen, der Spassfaktor ist enorm!

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