Leistung lohnt sich – oder nicht ?
Die sogenannten "Langzeitstudenten" wurden frueher auf den Unis einerseits belaechelt, andererseits verkoerperten sie auch ein gewisses Lebensgefuehl. Die aufkommende Studiengebuehrenpflicht reduzierte die Anzahl dieser Langzeitstudierenden erheblich, machte aber vielen anderen Aspiranten die Teilnahme an einem Studiengang ebenfalls unmoeglich. Letztendlich wurde und wird oftmals ueberlegt, die Studiengebuehren wieder abzuschaffen.
Die voraussichtliche Laenge eines Studiums ist zwar vorgegeben und darf nicht so ohne weiteres ueberschritten werden, aber, was ist, wenn sich ein paar fleissige Leute hinsetzen und das Studium weit unter der zeitlichen Vorgabe absolvieren? Man sollte doch meinen, dass das eine gute Sache ist, denn schliesslich fallen sie niemandem (ausser sich selbst) zu Last und machen ggf. frueher den Weg fuer Nachzuegler frei. Zudem sind Ambition, Fleiss und Diziplin doch nach wie vor Tugenden, die zu foerdern sicherlich nicht falsch ist. Doch der jetzt bekannt gewordene, im Folgenden zitierte Fall laesst den Schreiber dieser Zeilen an der Richtigkeit des Systems zweifeln…
via Welt Online :
"Marcel Kopper und Robert Grünwald aus Dortmund sowie Marcel Pohl aus Arnsberg sind 22 Jahre alt. Zwei von ihnen haben das Kunststück vollbracht, ein auf elf Semester angelegtes Studium an der Hochschule für Ökonomie und Management (FOM) in vier Semestern zu absolvieren. Kopper ist in den letzten Zügen seines Masters, die beiden anderen sind seit über einem Jahr fertig.
So schnell hat vor ihnen vermutlich noch niemand ein Bachelor- und Masterstudium geschafft. Sie sind stolz auf sich, ihre Familien stolz auf sie, und auch beruflich hat es sich gelohnt. (…)
Es könnte eine beispiellose Erfolgsgeschichte sein, aber es gibt ein Problem: Die FOM ist sauer. Sie will die Studiengebühren für die Regelstudienzeit kassieren und nicht akzeptieren, dass Pohl seit seiner Kündigung zum Ende des Sommersemesters 2011 nicht mehr zahlt.
Die Hochschule begründet dies damit, dass die Gebühren für das Studium schon im Vorfeld feststehen – unabhängig von der Dauer des Studiums. Wer seine Abschlüsse erreicht hat, habe eben auch alle Leistungen in Anspruch genommen. (…)
Zusätzlich wären weitere noch nicht eingeforderte Gebühren in Höhe von 7000 Euro fällig. In diesem Fall müssten auch Grünwald und Kopper damit rechnen, Post von ihrer Hochschule zu bekommen. Grünwald meint: "Ich kann diese Leute nicht verstehen."
"Wir hätten ein wenig Anerkennung erwartet. Stattdessen werden uns Steine in den Weg gelegt", sagt Pohl, dem nach einigen Wochen an der Dortmunder Hochschule die Idee zum Turbo-Studium gekommen war. (…)
Eine etwaige Hochbegabung lässt sich an den Leistungen in der Schule nicht ablesen. Keiner der drei hat eine Klasse übersprungen, ihre Abi-Noten waren 1,8 (Pohl), 2,3 (Grünwald) und 2,6 (Kopper). Es ist der Ehrgeiz, den das Trio nach der Schulzeit entwickelte und der sie aufstreben ließ. Das Gelingen ihres Plans zeigt auch, was Teamarbeit bewirken kann. Dass man in einer kleinen Gruppe effektiver sein kann als allein. (…)
Mittlerweile hat das Gericht ein Urteil gesprochen. Am Mittwoch, gegen 11 Uhr wurde bekannt: Wer an einer privaten Hochschule sein Studium verkürzt, muss dennoch die kompletten Studiengebühren zahlen. Private Studiengebühren seien im Gegensatz zu den "Semesterbeiträgen" öffentlich-rechtlicher Hochschulen ein vertraglich vereinbarter Gesamtpreis für das Studium, entschied das Amtsgericht Arnsberg in einem am Mittwoch verkündeten Urteil (Az: 12 C 64/12). (…)"
Fazit: Von wegen "Leistung muss sich wieder lohnen". Diejenigen, die es darauf anlegen und es auch erfolgreich durchziehen, werden im Nachhinein noch mit Fuessen getreten. Das kann und darf nicht die Botschaft sein. Diese drei Leute haben sich beispielhaft verhalten und sicherlich sehr viel Eigenleistung ohne Inanspruchnahme von Hochschulmitteln erbracht, fuer die sie aber so gesehen nun zusaetzlich bezahlen sollen. Keine Hochschule dieser Welt haette sich einen menschlichen und/oder finanziellen Zacken aus der Krone gebrochen, wenn sie das Lernverhalten dieses Trios und die daraus resultierenden, positiven Resultate belohnt haette…